Hausarbeit

Trainer  B -
Jungpferdeausbildung

Vorbereitung eines jungen Pferdes auf die erste Geländepferdeprüfung der Klasse A



Voraussetzungen

Das 4-5jährige Pferd, welches an seine erste Geländepferdeprüfung herangeführt werden soll, muß vorher bereits eine vielseitige Grundausbildung gemäß der Ausbildungsskala absolviert haben. Es muß in allen drei Grundgangarten sicher an den Hilfen stehen und dies sowohl in der Halle, auf dem Außenplatz, sowie im Gelände. Bei der Gewöhnung an das Reiten im Gelände sollte das junge Pferd auch frühzeitig mit Bodenunebenheiten und leicht ansteigenden und abfallenden Hängen vertraut gemacht werden, mit dem Ziel, welliges Gelände in einem gleichmäßigen Tempo überwinden zu können. Bodenwellen und kleine Hügel fördern das Balancegefühl, die Trittsicherheit und die Geschicklichkeit.
Mit den ersten Sprüngen im Gelände sollte erst begonnen werden, wenn das Pferd sich im Gleichgewicht befindet und sich in konstanter Anlehnung reiten läßt. Hierbei sollte das junge Pferd von einem erfahrenen Reiter begleitet werden, dem es vertrauen kann, den es aber auch respektiert.


Ausrüstung

Für das Springen im Gelände sollte das Pferd immer vorne und hinten rundum geschlossene Gamaschen tragen und aus Erfahrung empfehle ich mindestens vorne auch zusätzlich Sprungglocken.
Der Reiter muß einen Sicherheitshelm mit Dreipunktbefestigung und eine Schutzweste tragen. Eine Gerte sollte am Anfang immer dabei sein, diese sollte maximal 75 cm lang sein. Wenn Sporen getragen werden, dürfen diese nur kurz und stumpf sein. Außerdem ist auf festes Schuhwerk zu achten, das über die Knöchel geht und einen Absatz hat.


Erste Geländehindernisse

Die ersten Naturhindernisse sollten besonders einladend gebaut sein, mit guter Absprunglinie und nicht zu hoch (max. 50 bis 60 cm ). Eine sichere Absprung- und Landestelle mit guten Bodenverhältnissen muß gegeben sein. Da junge unerfahrene Pferde beim ersten Anreiten oft unsicher Schwanken, sollten die Sprünge auch genügend breit sein (mind. 4m) und idealerweise beidseitig begrenzt.
Zunächst sollte man dem jungen Pferd die unbekannten Hindernisse in Ruhe zeigen um Unsicherheiten abzubauen. Hierbei kann ein erfahrenes Führpferd von Vorteil sein. Für das erste Überwinden der Hindernisse ist dieses dann unerläßlich. Besonders ängstliche und unsichere Pferde sollten zunächst ohne Reiter als Handpferd mit laufen. Dabei müssen die Bügel entfernt und ein Gurt um den Sattel geschnallt werden, damit die Sattelblätter nicht schlagen. Zusätzlich zur Trense trägt das Pferd noch ein Halfter, in das Longe oder Führkette eingeschnallt werden.
Mutigere Pferde können aber auch gleich mit einem erfahrenen Reiter die ersten Natursprünge absolvieren. Vorher wird das Pferd ausgiebig gelöst - mindestens 10 bis 15 Minuten Schritt, dann auf beiden Händen gleichmäßig im Leichttraben um die Sprünge herum und schließlich im leichten Sitz im Galopp, jedoch mit vielen Übergängen und nicht zu langen Galoppphasen. Das Pferd soll nur auf Temperatur gebracht und nicht müde gemacht werden.
Beim Anreiten der ersten Hindernisse ist dann auf eine gute Linienführung zu achten. Die Sprünge müssen gerade und mittig angeritten werden, damit das Pferd genügend Zeit hat, sich den Sprung anzusehen.
Der Abstand zum Führpferd sollte etwa 2 bis 3 Pferdelängen betragen. Die ersten Sprünge werden aus dem Trab gemacht. Der Reiter muß bei tiefer Hand eine gleichmäßige, weiche Verbindung zum Pferdemaul behalten und das Pferd mit Schenkel und Zügelhilfen gut einrahmen. Beim Geländereiten muß das Pferd nicht gestellt und schon gar nicht beigezäumt werden, es sollte aber in konstanter Anlehnung gehen.
Für die ersten Erfahrungen genügen ein paar kleine Baumstämme aus dem Trab. Wenn das Pferd dabei mehr Sicherheit erlangt hat, kann auch aus dem Galopp gesprungen werden. Das junge Pferd sollte dann auch nicht mehr zu lang und zu oft hinter dem Führpferd her laufen, damit es sich daran gewöhnt auch alleine zu gehen und selbstständig wird.

Nun wird es nach und nach an an weitere typische Geländehindernisse herangeführt, wobei zu Anfang jeweils wieder auf das Führpferd zurück gegriffen werden sollte:
Die bereits bekannten Baumstämme kann man beispielsweise mit einer kleinen ebenfalls bereits bekannten Wellenbahn verbinden. Auch hier wird, vorallem bergab, zunächst alles aus dem Trab gesprungen und erst mit fortgeschrittener Sicherheit aus dem Galopp. Zu den Baumstämmen kann man jetzt auch kleine Holzstöße oder kleine (!) Hecken dazu nehmen. Alle neuen Hindernisse darf das unerfahrene Pferd sich erst in Ruhe ansehen und dann aus dem Trab springen. Zudem sollte man sich neues auch immer erst am Ende einer Trainingseinheit, im Anschluß an bekannte Sprünge, die das Pferd bereits beherrscht, vornehmen.

Als nächstes kann nun das Heranführen an Aufsprünge, Tiefsprünge und schließlich Treppen erfolgen. Hierzu wählt man zunächst niedrige Stufen, die das Pferd spielerisch überwinden kann. Stufen bergab dürfen nicht aus zu hohem Tempo geritten werden, man sollte das Pferd mehr "herunter tropfen" lassen. Deshalb ist es sinnvoll hier wieder aus dem Trab oder sogar aus dem Schritt anzufangen. Absprünge überprüfen die Rittigkeit eines Pferdes, aber auch das Vertrauen zwischen Reiter und Pferd.
Aufsprünge wiederum müssen mit genügend Schwung angeritten werden. Allerdings darf der Galopp nicht zu eilig und damit flach werden und das Pferd darf nicht "auseinander fallen", sondern muß vielmehr energisch mit der Hinterhand unter den Schwerpunkt galoppieren, also gesetzt und geschlossen, da es bei einer Stufe höher springen muß, um mit den Hinterfüßen auf der Stufe landen zu können.
Der Reiter muß bei Auf- und Absprüngen darauf achten, daß er das Pferd nicht im Gleichgewicht stört. Der ausbalancierte Sitz und das geschmeidige Mitgehen in der Bewegung sind hier von besonderer Bedeutung. Zudem muß dem Pferd beim Tiefsprung vermehrt Halsfreiheit zum Ausbalancieren gewährt werden, d.h. der Reiter läßt hierbei die Zügel mehr oder weniger aus der Hand gleiten.
Wenn das Pferd mal bei einem Tiefsprung stehen bleibt, sollte der Reiter versuchen, es in Ruhe gucken zu lassen, keinesfalls darf es zur Seite ausweichen oder zurück treten. Mit Stimme und Schenkel sollte das Pferd aufgefordert und motiviert werden, es darf jedoch keinen Druck oder Zwang erfahren. Auch aus dem Stand kann ein Absprung noch absolviert werden und das erneute Anreiten muß dann von vornherein etwas energischer erfolgen.
Zögert ein Pferd generell bei Stufen, sollte man wieder ein erfahrenes Führpferd zu Hilfe nehmen.
Geht das Pferd sicher einzelne Auf- und Absprünge, kann man auch mehrere in Folge, sogenannte Treppen, auf die gleiche Weise in Angriff nehmen.

Relativ früh sollte das Pferd auch an Wasser gewöhnt werden. Hierzu muß man eine flache Wasserstelle mit festem, trittsicherem Untergrund wählen. Gegen Ende einer Trainingseinheit wird das Wasser mit Führpferd voran, oder besser noch mit mehreren Führpferden eingerahmt, aus dem Schritt angeritten. Dies wird mit viel Loben so oft wiederholt, bis das Pferd gelassen und am langen Zügel, möglichst sogar schon alleine, durch geht. Dabei kann man auch mal im Wasser herum laufen oder stehen bleiben, oder das Führpferd bleibt zunächst im Wasser und das junge Pferd geht alleine hinaus und wieder herein.

Wassergewöhnung

Bei sehr ängstlichen oder wasserscheuen Pferden sollte man die Gewöhnung auf diese Art in mehreren Trainingseinheiten
wiederholen, bevor man neue Elemente mit dazu nimmt. Bei mutigen Pferden und "Wasserratten" kann man auch beim ersten Mal schon versuchen, durch das Wasser zu traben und vielleicht sogar zu galoppieren. Dabei empfiehlt es sich, Übergänge im Wasser mit einzubeziehen - Schritt rein und Trab raus, Trab rein und Galopp raus oder umgekehrt und vielleicht sogar mal einen einfachen Galoppwechsel - bis das Pferd das Wasser so selbstverständlich akzeptiert, wie Gras oder Sand.
Dann kann man den ersten Aussprung in Angriff nehmen. Am Anfang tut sich das Pferd hier leichter, wenn der Baumstamm nicht direkt am Wasser liegt, sondern etwas außerhalb, damit es von festem Boden abspringen kann. Dazu muß für einen optimalen Absprung- und Landepunkt jedoch mindestens eine Pferdelänge Platz zwischen Wasser und Sprung sein. Erster Aus- und dann auch Einsprung werden wieder hinter einem erfahrenen Führpferd gemacht. Der Aussprung muß mit genügend Schwung, der Einsprung eher aus einem ruhigen Tempo erfolgen, da Wasser stark abbremst. Wenn das Pferd ein solches Hindernis auch alleine sicher überwindet, können auch Sprünge direkt aus dem Wasser, bzw. ins Wasser hinein geübt werden.
Soll ein Tiefsprung ins Wasser ins Wasser geübt werden, bietet es sich an, das Pferd vorher schon die ein oder andere Stufe herunter springen zu lassen.
Entstehen Probleme am Wasser, sollte man auf jeden Fall wieder einen Schritt zurück gehen und zuerst das Vertrauen ins Wasser ohne Sprünge vertiefen!

Bei der Gewöhnung an Gräben sollte besonders behutsam vorgegangen werden. Es zeigt sich immer wieder, daß Probleme, die aus schlechten Erfahrungen resultieren, hier nur sehr schwer wieder zu beheben sind. Deshalb ist hier auch der erfahrene Reiter, der dem Pferd die nötige Sicherheit geben kann, besonders wichtig.
Der erste Graben muß sorgfältig ausgewählt werden. Er sollte möglichst schmal sein, nicht zu tief und gut sichtbare Begrenzungen haben. Ein Führpferd ist hier unbedingt wieder einzusetzen. Bei den ersten Gräben muß der Reiter immer mit einem Zögern rechnen und konsequent aber ohne zuviel Druck anreiten.

Grabenbesichtigung
Mit Führpferd über den Graben


Manche Pferde tun sich auch mit überbauten Gräben, den sogenannten Trakehnergräben, leichter.
Springt das Pferd sicher und flüssig über Gräben, kann man diese auch mit Sprüngen kombinieren und ein leichtes Coffin reiten. Dieses besteht aus Einsprung - Graben - Aussprung. Da der Graben meist tiefer liegt, sieht das Pferd möglicherweise nicht, wo es hin springt und sollte zunächst wieder hinter einem erfahrenen Pferd gehen.

Da das Springen im Gelände für das junge Pferd noch eine ungewohnte Anstrengung ist, sollte zumindest am Anfang immer ein Erholungstag mit ausgiebigem Weidegang, Spazierenreiten oder leichter Longenarbeit folgen. Die nächste Trainingseinheit im Gelände sollte frühestens nach 2 bis 3 Tagen erfolgen.
Die Geländeausbildung muß außerdem immer parallel zur weiteren dressurmäßigen und auch zur Springausbildung erfolgen. Nur durch eine vielseitige Grundausbildung ist ein dauerhafter Erfolg gewährleistet. Ein abwechslungsreiches Training ist zur Motivation und zur Gesunderhaltung des Pferdes erforderlich und dieses muß auch den Wechsel von Anforderung und Erholung beinhalten.
Desweiteren muß auch parallel eine Grundkondition aufgebaut werden, was durch Intervalltraining im Gelände erfolgen kann. Grundsätzlich muß man aber immer aufpassen, daß man das junge Pferd nie überfordert und sollte im Zweifelsfall lieber ein Ziel auf mehrere Trainingseinheiten verteilen.

Prüfungsvorbereitung

Wenn das Pferd in der gewohnten Umgebung alle geländetypischen Hindernisse erfolgreich kennengelernt hat, sollte man diese auch in fremder Umgebung üben. Für das erste auswärtige Training empfiehlt es sich, einen erfahrenen vierbeinigen Kollegen, den das junge Pferd kennt, mit zu nehmen. Nebenbei wird das Pferd so auch schon an das Verladen und Hängerfahren gewöhnt.
Wenn auch hier alle Hindernisse sicher, flüssig und harmonisch überwunden werden, kann die erste Geländepferdeprüfung genannt werden, um den Ausbildungsstand zu überprüfen. Hierfür sollte eine bekannt Geländestrecke gewählt werden, von der man weiß, daß sie fair und pferdefreundlich gebaut ist. Viele Veranstalter ermöglichen vor dem Turnier auf dem Gelände ein Training oder bieten sogar vorbereitende Lehrgänge an.
Wird auf einen bestimmten Turniertermin hin gearbeitet, sollte 6 bis 8 Wochen vorher mit der intensiveren Vorbereitung begonnen werden.

Die erste Geländepferdeprüfung der Klasse A

Der erste Turnierstart selbst muß gut geplant werden. Oft ist es möglich, die Geländestrecke schon am Tag vorher ab zu gehen, was man in dem Fall nutzen sollte, damit auch am Turniertag selbst alles in Ruhe erledigen kann. Den Verlauf der Strecke und jedes einzelne Hindernis muß man sich in Bezug auf die Umgebung, die Bodenverhältnisse, die Beschaffenheit der Sprünge gut ansehen und die für das eigene Pferd optimale Linienführung überlegen. Es ist sehr hilfreich wenn man die Strecke noch mehrmals mental reitet!
Für das Abreiten vor der Prüfung sollte man genügend Zeit einplanen, damit man das junge Pferd in Ruhe an die neue Situation gewöhnen und auf die Prüfung vorbereiten kann.

Anforderungen und Beurteilung

Beurteilt werden Rittigkeit, Springmanier und Galoppiervermögen. Kriterien zur Rittigkeit sind gemäß der Skala der Ausbildung die Durchlässigkeit, eine konstante Anlehnung, das sichere an den Hilfen stehen und die sichere Kontrolle vor und nach den Sprüngen, die Geraderichtung, die Wendigkeit und die Balance.
Die Springmanier oder besser das Verhalten am Sprung zeichnet sich idealerweise durch Rückenwölbung mit Hals in Dehnungshaltung leicht abwärts ("Bascule") und gute Beintechnik aus, aber auch durch aufmerksames, geschicktes Springen, Vertrauen und Mut ("Herz") und wieder die so wichtige Balance.
Diese ist schließlich auch noch beim Galoppiervermögen ein nicht unwesentliches Kriterium. Die Galoppade sollte eine deutliche Bergauftendenz  erkennen lassen und fleißig, kraftvoll, rhythmisch, geschlossen, mit Raumgewinn, aber rationell und nicht zu aufwendig sein. Desweiteren spielt hier auch die Kondition eine Rolle.

Ziel einer ersten Geländepferdeprüfung muß das Beenden sein und keine Plazierung. Sie sollte für das junge Pferd noch zu dem Punkt "Erfahrung sammeln" gehören.
Konnte man die erste Prüfung ohne größere Probleme absolvieren, ist das schon ein toller Erfolg. Die Beurteilung gibt nur einen Hinweis auf die momentane Qualität der Ausbildung, aber nicht unbedingt auf die generelle Eignung des Pferdes für den Vielseitigkeitssport. Sie sollte jedenfalls in der weiteren Trainingsplanung berücksichtigt werden.


Abschließend bleibt zu sagen, daß sowohl im Training, als auch in Prüfungen das Wohl des Pferdes immer im Vordergrund steht. Bei dem kleinsten Anzeichen von Überforderung sollte man das Training beenden oder auch eine Prüfung abbrechen und die Anforderungen deutlich verringern. Das Pferd zudem immer wieder die Möglichkeit haben, zwischendurch physisch und psychisch zu entspannen, wozu ausgiebiger Weidegang von Nöten ist.

Nur ein glückliches und zufriedenes Pferd ist auf Dauer leistungsbereit und leistungsfähig!





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